Worüber wir uns seit Jahren und in letzter Zeit immer mehr aufregen:

Die fehlende Kostenerstattung bei Klagen auf Lohnzahlung im Arbeitsgerichtsprozess. Warum lässt das Problem den Gesetzgeber kalt ?

Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den vereinbarten Lohn nicht, muss dieser – will er denn seinen Lohn bekommen – klagen. Das geht auf Grund von § 2 Absatz 1 Nr 3 ArbeitsgerichtsGesetz (ArbGG) nur vor dem Arbeitsgericht. Dort besteht kein Anwaltszwang, theoretisch kann jeder Arbeitnehmer zum Gericht gehen und dort bei der Antragsstelle seine Klage vorbringen. Aber angesichts der immer komplizierteren Vertragsregelungen geschieht dies tatsächlich eher selten, lieber geht der Arbeitnehmer zum Anwalt. Und der berechnet seine Gebühren nach dem Streitwert, hier also dem offenen Gehalt. Steht ein Lohn von 3000,- € Brutto aus, liegen die Anwaltsgebühren (ohne Vergleich und außergerichtliche Tätigkeit) bei 586,08 €.  Gewinnt der Arbeitnehmer vor Gericht, bekommt er die 3.000,- € Brutto.

Blöderweise gibt es da aber die Vorschrift des § 12a ArbGG, die Quelle allen Übels.   Danach werden Anwaltskosten in der 1 Instanz nicht erstattet. Im Klartext bedeutet dies, dass nicht der säumige Arbeitgeber die Anwaltskosten des Arbeitnehmers zahlt, sondern der Arbeitnehmer, dafür dass er sein Geld erst einklagen muss (und es üblicherweise im Rahmen eines Arbeitsprozesses mindestens 6 Monate dauert bis er einen entsprechenden Titel bekommt) auch noch die Kosten von 586,08 € zahlen muss. Der Arbeitnehmer hat damit einen Pyrrus-Sieg erlangt, muss er doch von seinem endlich  eingeklagten Geld auch noch den Anwalt bezahlen…..

Diese Rechtslage ist  bekannt, weshalb Unternehmen (vor allem kleinere)  die kurzfristig Liquidität benötigen, bevorzugt mittels Ihrer Angestellten sparen, also quasi ein Darlehen auf Kosten Ihrer Arbeitenehmer nehmen. Das ist auch besonders günstig, liegt doch der Verzugszinssatz bei 5% + Basiszinssatz, derzeit also 5,37 %. Einen solchen Darlehenszinssatz bekommt man bei keiner Bank…..  Ausserdem kann man so auch schön unwillige Arbeitnehmer unter Druck setzen, denn wer mehrere Monate kein oder nur wenig Geld bekommen hat sucht sich früher oder später was anderes….

Seit Jahren wird diese Ungerechtigkeit von vielen Juristen und Arbeitsrechtlern beklagt, aber das Bundesarbeitsgericht hat die Wirksamkeit des § 12a ArbGG immer wieder bestätigt. Insbesondere führt das BAG aus, dass der Gesetzgeber die Regelung im Zuge vieler arbeitsrechtlicher Reformen nicht geändert hat obwohl er die Möglichkeit dazu hatte, so dass für die Rechtsprechung keine Veranlassung besteht nun an der Wirksamkeit der Norm zu rütteln.

Trotzdem ärgern wir uns (und erst recht die betroffenen Arbeitnehmern, denen wir diese Ungerechtigkeit klar machen müssen) einmal im Monat über diese Regelung.

Eine Änderung zumindest dür den Lohnzahlungsprozess wäre auch keine bahnbrechende Umwälzung des Arbeitsrechtes. Es würde wohl ein weiterer Satz reichen, etwa ein einzufügender Satz 2 des § 12a Absatz 1 ArbGG:

„Dies gilt nicht für Klagen auf Lohnzahlung aus einem Arbeitsverhältnis, insoweit gilt § 91 ZPO entsprechend“

Seltsamerweise hört man aber weder von den Gewerkschaften noch von den Parteien, die ja eigentlich die Interessen der Arbeitnehmer vertreten, auch nur ein Sterbenswörtchen über diese klare Benachteiligung der Arbeitnehmer…..  Über die Gründe kann man nur spekulieren……

 

Fiese Arbeitsgerichtsbarkeit- Das Darlehen auf Kosten der Arbeitnehmer

5 Kommentare zu „Fiese Arbeitsgerichtsbarkeit- Das Darlehen auf Kosten der Arbeitnehmer

  • 6. November 2011 um 0:03 Uhr
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    Ja und nein, könnte man sagen. Der fehlende Druck ist darauf zurückzuführen, dass es sich nicht um ein Massenphänomen handelt. Lohnzahlungsklagen werden überdurchschnittlich häufig von Rechtsschutzversicherungen und Gewerkschaften getragen. Wer dann noch übrig ist, hat in der Tat Pech gehabt – aber braucht man für die Lohnzahlungsklage wirklich einen Anwalt? Meist reicht die Rechtsantragsstelle doch aus…

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    • 6. November 2011 um 0:45 Uhr
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      @Reuter: Der juristisch gebildete Arbeitnehmer wir wohl zur Rechtsantragsstelle gehen, aber der „Otto-Normal-Arbeitnehmer“ fragt bei fehlendem Gehalt erst einmal seinen Arbeitgeber, der erzählt ihm dann meist irgendwelche nette Geschichten (du hast einen Schaden verursacht mit dem ich aufgerechnet habe….etc) und dann fragt er sein soziales Umfeld, und von dort kommt der Hinweis auf den Rechtsanwalt.
      Und seien wir mal ehrlich, wieviel Anwälte würden einem Mandanten sagen: „Das ist jetzt aber eine einfache Sache, gehen Sie doch zur Rechtsantragsstelle, bei mir müssen Sie doch nur zahlen…“ ?!!
      @ri: Ja hier hilt wirklich nur die RSV (oder die Gewerkschaft), aber ist das die Intention des Gesetzgebers, das alle Arbeitnehmer eine Rechtsschutzversicherung haben ? Und die Bereitschaft zur Gewährung von PKH sinkt erheblich angesichts leerer Kassen bei den Ländern….

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      • 8. November 2011 um 23:05 Uhr
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        @admin – ich will’s nicht in Abrede stellen. Aber ganz ehrlich: Ich habe schon ein paar Leute mit guten Ratschlägen bewaffnet zur Rechtsantragsstelle geschickt…ohne Gebühren…

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  • 6. November 2011 um 0:09 Uhr
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    Guter Punkt, aber entweder hat ein AN eine RSV oder er bekommt PKH.

    Schlimmer ist die Aulfteilung der Klagen in eine Kündigungsschutzklage und eine Lohnklage. Diese künstliche Aufteilung ist mE ein kleiner Betrug am Mandanten, denn alles wäre in einem Verfahren zu erledigen.

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  • 6. November 2011 um 18:25 Uhr
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    Dann spekulieren wir doch einfach mal: wie Gewerkschaften werben um Mitglieder unter anderem mit dem Argument dass sie Rechtsschutz bieten. Damit wäre die Änderung zwar im Interesse der Arbeitnehmer, aber nicht zwingend im Interesse der Gewerkschaftsmitglieder – und ihren Interessen vertritt die Gewerkschaft.

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